Feldkapelle – Architekturfilm / Schreyer, David

Elektrisierende Andacht
Die von Architekt Peter Zumthor für eine Wiese am Nordrand der Eifel entwickelte Feldkapelle ist äußerst vielschichtig. Mit Wort und Bild kann man die Situation nur umreißen, bei Interesse muss man sie vor Ort begutachten.
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Macht man in unseren Brei- ten einen Spaziergang, so führt dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an einer Kapelle vorbei. Weit verbreitet ist der Glaube, dass diese kleinen Sakralbauten aus längst vergangener Zeit stammen. Aber auch heute werden immer wieder Kapellen gebaut. Nur selten allerdings kommt es zu einer zeitgemäßen und dementsprechend wirkungsvollen Interpretation eines solchen Andachtsraumes.

Die aus Mechernich-Wachendorf, einem 30 Kilometer westlich von Bonn gelegenen Örtchen stammende Landwirtsfamilie Scheidtweiler kontaktierte einst den Schweizer Architekten Peter Zumthor. Mittels handgeschriebenem Brief bat sie um „Skizze oder Plan“ für eine kleine Kapelle. Diese sollte dem Friedensheiligen Bruder Klaus (Nikolaus von Flüe) gewidmet werden. Als Bauplatz wurde eine zum Landgut gehörende Wiese auserkoren. Zumthor beantwortete die Anfrage, konterte aber direkt der sehr populären Sichtweise auf den Beruf des Architekten. Keinesfalls werde er die Kapelle irgendwo zwischen „Frühstück und Dusche aufzeichnen“. Wenn, dann wolle er einen elektrisierenden, einen Sinn stiftenden Raum schaffen. Die Landwirtsfamilie ließ sich darauf ein. Und wartete. Schließlich konnten 2005 die Bauarbeiten aufgenommen werden.

Das circa zehn Meter hohe Bauwerk wurde aus Stampfbeton gefertigt. In 24 Schichten, diese sind an der Außenhaut eindeutig zu erkennen, wurde dieser in die Gussform eingebracht. In die Landschaft stellt sich so ein geradliniger, fensterloser Baukörper mit fünfeckigem Grundriss. Der Innenraum ist anders, er ist ein Abdruck. Denn schon vor den Betonarbeiten wurde aus 120 Fichtenrundlingen eine Art Indianerzelt errichtet. Die Rundlinge mussten weichen. Sie wurden mit Hilfe eines mehrere Wochen anhaltenden Mottfeuers vom Beton getrennt. Der Innenraum in Zeltform, mit seinen mal dunkelschwarzen, mal erdroten Farbschattierungen, blieb.

Als Besucher nähert man sich auf einem durch Wald und über Wiesen führenden Weg der Kapelle. Aufgrund ihrer Höhe kann man sie schon von Weitem sehen. Durch ein dreieckiges Tor schlüpft man schließlich nach innen. Betritt man den Raum, zieht man das Tor hinter sich zu, ist es dunkel, fast erdrückend. Ein paar Schritte weiter öffnet er sich. Durch eine Öffnung in der Decke fällt manchmal grelles Licht, manchmal Regen. Es ist leise. Ein kleines Pult bietet Platz für flackernde Kerzen, eine Stele hält eine bronzene Halbfigur des Bruders Klaus in die Höhe. Wie ein wärmender Mantel schlägt sich dieser Raum um seine Besucher. Seit ihrer Weihung im Jahr 2007 ist die Kapelle gut besucht. Menschen werden dem hektischen Alltagsrummel von Zumthors Feldkapelle für ein paar Momente entrissen. Um nach diesen, man kann es beobachten, etwas beruhigter zurück ins Leben zu treten. (Text für 20er 06/2018)